Das richtige Gebiss zum Westernreiten – worauf kommt es an?
von CHRISTINE HÖLTZEL am 01. Januar 2020 in EXPERTENTIPPS
Das Gebiss ist sowohl beim traditionellen Englisch-Reiten als auch in Disziplinen wie Westernreiten, Freizeitreiten und Wanderreiten ein sensibles und äußerst wichtiges Thema. Denn die Meinungen gehen zum Teil weit auseinander. Um das Thema verstehen und die passende Lösung für das eigene Pferd zu finden, spielen eine Anzahl verschiedener Faktoren eine Rolle.
Das richtige Gebiss zum Westernreiten und Freizeitreiten – worauf kommt es an?
Zunächst kommt es natürlich darauf an, wofür genau das Gebiss benötigt wird. Zum einfachen Freizeitreiten auf einem ruhigen Pferd braucht es höchstwahrscheinlich ein anderes Gebiss als zum hochkarätigen Turnierreiten. Beim Wanderreiten kommt sehr oft eine gebisslose Zäumung, ein simples Snaffle Bit oder eine D-Trense zum Einsatz. Bestimmte Disziplinen verlangen nach konkreten Gebissen, da sich beispielsweise spezielle Turnierklassen an entsprechende Richtlinien und Vorschriften hinsichtlich erlaubter Varianten halten müssen. Ein Beispiel: junge Pferde dürfen in zahlreichen Turnierprüfungen nur mit einfacher Wassertrense und keinesfalls mit einer Kandare geritten werden. Das Gebiss muss also dem Ausbildungsstand des Pferdes entsprechen. Im Westernreitsport gibt es eine logische und sinnvolle Reihenfolge. Üblicherweise werden die jungen Pferde gebisslos eingeritten. Als gebisslose Zäumung kommt dabei oftmals das Bosal mit Mecate zum Einsatz. Sobald das Pferd die Grundkommandos in verschiedenen Gangarten mit einer gebisslosen Zäumung meistern kann, wechselt der Trainer die Zäumung auf eine Wassertrense - beim Westernreiten auch Snaffle Bit genannt. Erst mit zunehmendem Ausbildungsstand und in behutsamen Schritten wird auf schärfere Gebisse, wie z.B. eine Kandare gewechselt. Diese muss beim Westernreiten - gegenüber dem zweihändigen Englischreiten - einhändig zum Einsatz kommen.
Foto: Andreas Krappweis
Foto: Andreas Krappweis - D-Ring Westerngebiss
Was für das Pferd gilt, gilt auch für den Reiter. Alter und Ausbildungsstand des Reiters spielen eine wichtige Rolle! So dürfen ein Reitanfänger, ein ungeübter Reiter oder ein Reiter mit unruhiger Hand kein scharfes Gebiss benutzen. Die Begründung liegt auf der Hand: der Reiter hält sich unter Umständen unbeabsichtigt und ohne Kontrolle in bestimmten Situationen an den Zügeln fest. Hierbei können sie das Pferd schwer verletzen oder ihm zumindest empfindlich wehtun.
Des Weiteren hängt es vom Temperament des Pferdes ab, welches Gebiss unter Umständen geeigneter ist als ein anderes. Bei gleichem Ausbildungsstand kann ein heftiges, schwer zu bremsendes und kontrollierendes Pferd eventuell ein schärferes Gebiss benötigen, als ein ruhiges, ausgeglichenes und eher phlegmatisches Pferd.
Des Weiteren hängt es vom Temperament des Pferdes ab, welches Gebiss unter Umständen geeigneter ist als ein anderes. Bei gleichem Ausbildungsstand kann ein heftiges, schwer zu bremsendes und kontrollierendes Pferd eventuell ein schärferes Gebiss benötigen, als ein ruhiges, ausgeglichenes und eher phlegmatisches Pferd.
Mögliche Problemursachen
- Manche Reiter gehen den einfachen Weg und versuchen mittels härterer Gebisse, Hilfszügeln und anderen Trainingsmitteln die eigenen Schwächen zu überspielen. Dies mag möglicherweise kurzfristig zum Erfolg führen - auf lange Sicht ist jedoch eine Korrektur des Reiters die richtige und nachhaltige Lösung. Kein Ausbildungsproblem, sei es bei Reiter oder Pferd, lässt sich auf Dauer mit einem scharfen Gebiss oder einem Hilfszügel lösen.
- Eventuell ist das Gebiss zwar richtig, jedoch falsch verschnallt. So kann eine Hebelwirkung bei einem Stangengebiss mit Anzügen durch eine zu kurze Kinnkette sehr scharf sein - oder aber durch eine zu lange Kinnkette völlig wirkungslos sein.
- Und schließlich kann auch die Gebissgröße falsch gewählt sein. Ein zu großes Gebiss kann das Pferd empfindlich im Maul stören, an Zähne stoßen, Laden einquetschen – kurz, es kann an vielen Stellen Schaden anrichten, genau wie auch ein zu klein ausgewähltes Gebiss.
Fakt ist: Zahlose Pferde müssen sich tagtäglich mit einem unpassenden Gebiss abfinden.
Fakt ist: Zahllose Pferde müssen sich tagtäglich mit einem unpassenden Gebiss abfinden. Zu lang, zu kurz oder zu dick sind die wohl häufigsten Fehlkäufe. Interessant ist dabei, dass zu dünne Gebisse nur sehr selten in den Pferdemäulern zu finden sind. Dies mag daran liegen, dass sich immer noch die Mär oder der Irrtum hält, dass ein Gebiss umso weicher ist, je dicker es ist.
Wird der zahnlose Bereich des Pferdemauls zwischen den Schneide- und den Backenzähnen betrachtet, so wird schnell ersichtlich, dass dieser viel kleiner ist als vermutet. Und genau hier muss das Gebiss liegen, damit dieses auf keinen Fall an die Zähne stößt. Dieser Bereich zwischen Ober- und Unterkiefer ist üblicherweise dreieinhalb bis vier Zentimeter breit und bereits ziemlich gut mit der Pferdezunge gefüllt. Diese ist durchschnittlich zwei bis zweieinhalb Zentimeter dick und legt sich wie ein Polster zwischen Gebiss und Unterkiefer. Für das Gebiss selbst bleiben im Pferdemaul somit nur noch zirka eineinhalb Zentimeter Platz. Wird ein 18 Millimeter starkes Gebiss ausgewählt, so hapert diese Rechnung ganz schnell.
Wird der zahnlose Bereich des Pferdemauls zwischen den Schneide- und den Backenzähnen betrachtet, so wird schnell ersichtlich, dass dieser viel kleiner ist als vermutet. Und genau hier muss das Gebiss liegen, damit dieses auf keinen Fall an die Zähne stößt. Dieser Bereich zwischen Ober- und Unterkiefer ist üblicherweise dreieinhalb bis vier Zentimeter breit und bereits ziemlich gut mit der Pferdezunge gefüllt. Diese ist durchschnittlich zwei bis zweieinhalb Zentimeter dick und legt sich wie ein Polster zwischen Gebiss und Unterkiefer. Für das Gebiss selbst bleiben im Pferdemaul somit nur noch zirka eineinhalb Zentimeter Platz. Wird ein 18 Millimeter starkes Gebiss ausgewählt, so hapert diese Rechnung ganz schnell.
Verschiedenen Gebissvarianten und Materialien
Die Auswahl an Gebissen zum Westernreiten, Freizeitreiten und Wanderreiten ist riesig. Hier eine Liste der am häufigsten verwendeten Varianten:
Und nicht nur das Angebot an Gebisstypen, sondern auch die Optionen an Materialien sind vielfältig. U.a. kommen folgende Materialien zum Einsatz, häufig auch in Kombination:
- Edelstahl
- Eisen
- Gummi
- Kunststoff
- Kupfer
Wichtig ist, dass das Gebiss nicht zu leicht sein darf. Zudem sind alle Gummi- und Kunststoff-Gebisse mit einen Metallkern versehen, der ein ungewolltes Durchbeißen des Gebisses verhindert.
Metall-Gebisse wie Kupfer und Eisen haben zusätzlich den großen Vorteil, dass diese den Speichelfluss anregen. Gleichzeitig wird vom Pferd in der Regel der damit verbundene Geschmack als angenehm empfunden, wodurch es sich zum vermehrten Kauen anregen lässt.
Was hat es mit dem gefürchteten Nussknacker Effekt auf sich?
Immer wieder stößt man auf den Ausdruck Nussknacker-Effekt. Hierbei wird angeblich bei einer zu langen, einfach gebrochenen Wassertrense bei Zügelanzug die Zunge einquetscht. Allerdings konnte dieser Effekt in dieser Form bislang in Tests nicht nachgewiesen werden. Zwei mögliche Effekte bei einer Wassertrense mit beweglichen Ringen sind jedoch unumstritten: Ist das Gebiss zu lang, entsteht eine zu lange Winkelung im Maul, die das Gebiss gegen den Gaumen stoßen lässt. Dass dies das Pferd stören muss ist klar. Bei einem zu kurzen Gebiss hingegen werden die Lefzen und Laden bei Zügelanzug eingequetscht.
Um die passende Größe und Weite für das Pferd zu ermitteln, wird ein Gebissweitenmesser empfohlen. Hierbei handelt es sich um eine bewegliche Schablone, von der sich die Gebissweite ablesen lässt, wenn sie an das geschlossene Maul des Pferdes angelegt wird. Hat der Reiter dieses Messgerät nicht zur Hand, bleibt nur das Ausprobieren mit verschiedenen Gebissgrößen. Hierzu fasst der Reiter vor dem aufgetrensten Pferd stehend mit den Händen beide Gebissringe und simuliert einen leichten, gleichseitigen Zügelanzug. Schnell zeigt sich, wie groß der Abstand der Ringe zu den Lefzen tatsächlich ist. Gebisse mit beweglichen Ringen sollten auf beiden Seiten des Pferdemauls ungefähr einen halben Zentimeter aus dem Pferdemaul herausschauen. Ist dies nicht der Fall, so klemmen die beweglichen Teile die Lefze des Pferdes ein. Bei Gebissen mit festen Ringen, wie beispielsweise Olivenkopf-, Schenkel- oder D-Ring-Trensen, muss das Gebiss an der Seite unbedingt eng am Maul anliegen, damit die gewünschte seitliche Anlehnung des Gebisses funktioniert.
Somit ist die korrekte Weite unkompliziert und einfach zu ermitteln. Schwieriger sieht es hingegen mit der richtigen Stärke des Gebisses aus. Denn diese hängt von der Anatomie des Maules ab - vor allem von der Stärke bzw. Dicke der Zunge. Eine gute Variante ist, die Anatomie des Pferdekopfes zu berücksichtigen. Pferde mit kleinen und feinen Köpfen haben typischerweise weniger Platz im Maul, als Pferde mit gröberen Köpfen. Zudem sollten unbedingt die Wolfszähne geprüft werden. Hierzu wird einfach der Finger hinter dem Trensengebiss in das Pferdemaul geschoben. Bei Pferden mit langen Maulspalten kommt es häufig zu einem Kontakt von Gebiss, Zunge und Wolfszahn, welcher unangenehm bis schmerzhaft für das Pferd werden kann. Wichtig ist, den Wolfszahn nicht mit den sogenannten Hengstzähnen hinter den Schneidezähnen verwechseln. Diese Hengstzähne, die übrigens auch bei manchen Stuten wachsen, stören beim Reiten in aller Regel überhaupt nicht.
Wichtig ist, den Wolfszahn nicht mit den sogenannten Hengstzähnen hinter den Schneidezähnen verwechseln. Diese Hengstzähne, die übrigens auch bei manchen Stuten wachsen, stören beim Reiten in aller Regel überhaupt nicht.
Wichtig ist, den Wolfszahn nicht mit den sogenannten Hengstzähnen hinter den Schneidezähnen verwechseln. Diese Hengstzähne, die übrigens auch bei manchen Stuten wachsen, stören beim Reiten in aller Regel überhaupt nicht.
Fazit zum richtigen Gebiss beim Westernreiten
Wichtig ist sowohl den Ausbildungsstand des Pferdes, als auch des Reiters bei der Wahl des korrekten Gebisses zu berücksichtigen. Zudem spielen das Temperament des Pferdes und die Reitweise eine Rolle mit welchem Gebiss sich das eigene Pferd am wohlsten fühlt. Die Bestimmung und Ermittlung der korrekten Weite und Stärke ist nicht nur für die optimale Passung, sondern auch die gewünschte Wirkung ausschlaggebend. Und zu guter Letzt sollte bei der Gebissauswahl auf hochwertige Materialien und erstklassige Verarbeitung geachtet werden.